Der FC hat Cheftrainer Beierlorzer sein Vertrauen ausgesprochen. Natürlich ist es ein verdorbenes Vertrauen und eigentlich eher ein Ultimatum, das man doch ausdrücklich nicht stellen wollte. Denn klar ist: Entweder er gewinnt gegen Hoffenheim oder er ist weg. Und dieses heimliche Ultimatum zeigt die Zerrissenheit des Clubs, in dem ein scheidender Sportchef noch immer seinen Willen durchdrücken kann gegen den Vorstand. Wahrscheinlich auch, weil er sich Schwaben-Kumpel Wehrles Support sicher sein kann.
Es hat also gerade einmal 10 Spieltage gedauert, bis der FC mal wieder zur Lachnummer der Nation geworden ist. Man muss den Bayern fast danken, dass sie netterweise 5:1 in Frankfurt verloren, Kovac entlassen und damit das Spotlight auf sich gedreht haben.
Also, Armin macht weiter mit Achim. Man unterstellt Veh da schnell Machtmenschentum und dass er sich seine eigenen Fehler in der Besetzung des Trainerpostens zum zweiten Mal in Folge (inklusive Ablöse!) nicht eingestehen will. Normalerweise würde ich einem Sportchef zugute halten, dass er pro Kontinuität agiert und nicht den heißesten Schleudersitz der Liga reaktiviert. Angesichts seines eigenen Rücktritts zum Sommer erscheint das also eher nicht plausibel. Vielleicht schielen er und vor allem Wehrle auch auf die Finanzen: Abfindung für Beierlorzer kann man sich eigentlich nicht leisten, und Armin braucht noch etwas Geld in der Schatulle für seine eigene Abfindung, wenn man ihn in ein paar Wochen rausschmeißt…würden böse Zungen sagen.
Allerdings ist die Entscheidung für Beierlorzer, aus welchen Gründen sie auch gefallen sein mag, nicht zwingend eine schlechte. Nicht nur weil ich 10 Spieltage doch als sehr früh ansehe, um mit einer Spielidee und einem Übungsleiter zu brechen (obwohl die Entwicklung gerade rückläufig scheint, das kann ich nicht leugnen). Es war vorher klar, dass das Spielermaterial nicht für Red-Bull-Fußball ausgelegt war und eine Transferperiode das nicht ändern können wird – im Mittelfeld hat man mit Skhiri und Verstraete passende Spieler geholt, musste dafür aber zwangsläufig auf schnelle Flügelflitzer mit Torgefahr und guter Entscheidungsfindung bei Highspeed verzichten – auch, weil man sich entscheiden hat, Mittel in Schindler und Kainz zu binden, die beide zusammen weniger Tore haben als Innenverteidiger Bornaauw (0) und zudem durch dubiose Entscheidungsfindung selbst ohne Gegnerdruck auffallen.
So könnte man den ganzen Kader durchgehen (Modeste? Ist Ehizibue wirklich besser als Eigengewächs Lukas Klünter?) und sich fragen, ob die Transferpolitik eigentlich dem Trainer zugearbeitet hat oder ihm eher Steine in den Weg gelegt hat – dazu zählt ausdrücklich auch der Verbleib so genannter „Leistungsträger“.
Im Endeffekt muss Beierlorzer also gerade die verfehlte Kaderpolitik ausbaden – und hat dabei sogar seine eigene Idee von Fußball dem Erfolg untergeordnet. Er ist ja bereits von seinem 4-4-2 abgekehrt, hat die Mitte mit Hecter und Skhiri dicht gekriegt – und eben Pech, dass es in Mainz den Elfer nicht gab und unsere Mannschaft schon seit Jahren beim kleinsten Widerstand oder Rückschlag einknickt. Fakt ist, dass auch Beierlorzer dieses Manko nicht einstellen konnte. Fakt ist aber auch, dass das kein Trainer seit der Europa-Quali-Saison vermocht hat. Selbst unter Peter Sankt Öger, in der Hinrunde des Grauens, war immer wieder zu sehen, dass kleinste Dellen im Spielverlauf beim Effzeh schon für einen erdbebenartigen Schmetterlingseffekt sorgen und zumeist das ganze System kollabiert. Man darf sogar argumentieren, dass das schon seit 10 Jahren der Fall ist und nur von Peter Stögers Pragmatismus und In-Game-Coaching für drei Jahre kaschiert wurde.
Danach kamen Ruthenbeck, Anfang, Pawlak und nun Beierlorzer – allesamt gänzlich andere Typen mit jeweils anderen Herangehensweisen aber einer Gemeinsamkeit: Allesamt wurden sie von der Mannschaft im Stich gelassen. Am deutlichsten wurde der „Charakter“ unserer Truppe nach Anfangs Entlassung letzte Saison: Mit André Pawlak kam die interne, viel bejubelte Lösung und man dachte, jetzt gewinnt der FC halt seine letzten drei Spiele und entfacht wenigstens so etwas wie Aufstiegseuphorie. Aber Pustekuchen, am Ende stand der nötige Sieg gegen Fürth, aber gleich danach eine Niederlage gegen (Beierlorzers) Regensburg und ein mageres 1:1 gegen Magdeburg. Diese komplett ehrgeiz- und morallose Truppe hat es also nicht einmal geschafft, nachdem sie von der „Last“ Anfangs befreit war, mal zwei Spiele am Stück in der zweiten Liga zu gewinnen und damit die Fans zu versöhnen.
Alles das badet Beierlorzer nun aus. Vermutlich verlieren wir gegen Hoffenheim (letztes Aufeinandertreffen: 0:6) und vermutlich kommt dann Bruno. Aber es ist völlig wurscht, wer da an der Seitenlinie steht: Da kannst du auch Pep Guardiola oder Jürgen Klopp oder Diego Simeone hinstellen und die immer gleichen Spieler werden jammern, dass ihnen das zu viel Input sei oder zu viel Angebrülle oder sie kein Spanisch sprechen.
Beierlorzer rauszuschmeißen ist nur ein Pflaster auf eine klaffende Fleischwunde. Egal welcher neue „Chefchirug“ danach kommt, er wird diese Wunde nicht zugenäht bekommen, denn sie hat schon längst Wundbrand und Streptokokken. Du musst den Arm abtrennen, Amputation dringend nötig. Und in dem Fall sind das all jene Spieler, die es sich hier gut gehen lassen und das mit dem Fußballspielen eher als lästige Pflicht oder als guten Background für ihre Instagram-Stories ansehen. Du musst nach der Saison in mindestens 11 Blumensträuße investieren und (ggf. sogar ohne Ablöse – die Pille muss man schlucken) die Herren Höger, Horn, Czichos, Kainz, Drexler, Schmitz, Risse, Bader, Hauptmann, Jannes Horn und Sörensen (ja, die gibt’s auch noch) zur Vertragsauflösung bewegen. Außer für Timo Horn, wegen vergangener Meriten, gibt es für keinen von denen irgendeine Ablöse – was auch Bände über diesen Kader spricht. Selbst über die Lokalheiligkeit Modeste sollte man nachdenken – und inzwischen bin ich sogar geneigt, Hector zur Disposition zu stellen, auch wenn ich ihn menschlich wie spielerisch sehr schätze.
Und dann muss man konsequent sein: Konsequent die Katterbachs, Churlinovs, Krahls/Scotts, Jakobse, Bissecks und Bornaauws dieser Welt fördern und ihnen Vertrauen schenken. Wer diese Jungspunde coacht ist zwar nicht egal, aber die Trainerposition ist nicht die Ursache irgendeines Problems, sie ist lediglich ein Symptom.
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.